Historische Rebsorte Grüner Adelfränkisch

von | 16.07.2024 | Rebenkunde, Winzergeschichten

Sind „Historische Rebsorten“ die bessere Alternative zu PIWI Weinen in Bezug zur Klimaanpassung?

Wie der Winzerhof Schmitt aus Münster-Sarmsheim dem Klimawandel begegnet.

Früher hatten deutsche Winzer aus etwa 400 Weinsorten die Qual der Wahl. Doch dann wurde im 19. Jahrhundert die amerikanische Reblaus eingeschleppt und die geradezu unübersichtliche Weinvielfalt ging bis Anfang des 20. Jahrhunderts auf nur noch 23 Sorten zurück.

Heute wachsen alle Weinsorten auf amerikanischen Unterlagsreben, die resistent gegen die Reblaus sind. Die einstige Vielfalt ist leider weitgehend vergessen.

Doch der Klimawandel hat das Interesse an alten europäischen Rebsorten wieder aufleben lassen. Winzer Hans-Günther Schmitt, Inhaber des Winzerhofs Schmitt in Münster-Sarmsheim an der Nahe ist begeistert. Er nimmt an einem Versuchsanbau teil, der testen soll, wie gut alte Rebsorten mit dem neuen Klima klarkommen. Auf seiner 22 ar großen Weinparzelle oberhalb von Münster-Sarmsheim baut er „Grünen Adelfränkisch“ an, eine Rebe, dessen Geschichte bis zu 6800 Jahre zurückreichen soll und seit dem Mittelalter in Deutschland wuchs bis vor nicht allzu langer Zeit als ausgestorben galt.

Winzer Hans-Günther Schmitt im Jahr 2019 bei seinem ersten Versuchsanbau Grüner Adelfränkisch (Bildquelle ® Sören Heim, Bingen)

Ulrich Martin hat das Projekt „Historische Rebsorten“ ins Leben gerufen, um diese alten Reb-Schätze wieder zu entdecken. Man finde sie teils noch in vermischtem Saatgut oder als Wildwuchs auf nicht bewirtschafteten Weinbergen. Auch manche Hauswände, die seit Jahrhunderten von Wein umrankt werden, beherbergen diese ehrwürdigen Reben.

Wenn eine neue alte Sorte gefunden wird, sucht sie Winzer als Partner für den Anbau. Natürlich müssen auch diese alten Sorten auf amerikanische Unterlagsreben gepfropft werden, sonst würde die Reblaus sie sofort wieder zerstören.

Für Winzer Hans-Günther Schmitt ist das Projekt „Historische Rebsorten“ eine echte Herzensangelegenheit. Er erzählt, dass viele Winzer in den letzten 15 bis 20 Jahren mit exotischen Weinsorten experimentiert haben. Auch er dachte darüber nach, einen Chardonnay anzubauen. Doch als er vom Projekt „Historische Rebsorten“ hörte, war er sofort begeistert. Im Gespräch mit Ulrich Martin fand er eine Sorte, die zu ihm und seinem Weingut passt. Im Jahr 2017 begann er dann den Versuchsanbau.

Eigentlich hatte er von den jungen Reben noch keine Ernte erwartet, aber überraschenderweise gab es bereits 2018 den ersten Ertrag. Die ersten Flaschen des halbtrockenen Grünen Adelfränkischen konnten verkostet werden. Schmitt sagt, der Wein habe eine ganz eigene Charakteristik, die er noch immer einordnen müsse.

Schmitt ist überzeugt, dass Weine wie der Grüne Adelfränkisch besser für die Zukunft gewappnet sind als die aktuellen dominanten Reben. Heiße Sommer und stärkere Unwetter machen dem Weinbau zu schaffen, aber der Grüne Adelfränkisch reift spät und schnell, wodurch er weniger anfällig ist.

Die Rebsorte zeichnet sich sich durch Lockerbeerigkeit, eine dicke Beerenhaut und einen späten aber raschen Reifeverlauf vorteilhaft aus. (Siehe nachfolgende Bildergalerie mit Doppelklick auf das Bild)

Zudem sind die Trauben kleiner, was sie widerstandsfähiger gegen Schädlinge macht. Zwar ist der Ertrag geringer, dafür die Qualität umso höher, da die Reben jährlich – und insbesondere ab Sommer die Trauben – außerordentlich von klimatischen Einflüssen geprägt sind, beschert der Adelfränkische optimale Oechslegrade und somit beste Voraussetzungen für ein spannendes Geschmackserlebnis.

Zu dem Weingut, das größtenteils auf Handlese und überhaupt auf naturnahen Anbau setzt, passt das Projekt perfekt. Historische Reben, erklärt Schmitt, hätten für ein Weingut nicht nur langfristige Vorteile. Auch die Weine aus dem Versuchsanbau dürften bereits vermarktet werden und ermöglichten es dem Winzer, dem Genießer einen guten Tropfen mit Geschichte zu präsentieren.

So waren die Jahrgänge 2018 bis 2022 auch schnell ausverkauft. 22 Ar sind eben keine große Fläche. Und auch wenn der Wein gut ankommt, dürfen die Teilnehmer des Versuchsanbaus ihre Anbaufläche nicht einfach so erweitern. Das Projekt „Historische Rebsorten“ unterliegt strengen Regeln.

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